Konzerne als Datensauger, Hände weg von Kindern – Fall BIPA

BIPA  | Foto: DerGloeckel.euEin eigentlich banaler Vorgang: Ein 10jähriges Kind begibt sich in eine Filiale eines BIPA um dort ein Produkt zu kaufen. An der Kasse fragt sie dann unerwartet die Kassiererin beim Zahlen nach ihrer BIPA-Card, deren Besitz das Kind verneint. Als die junge Konsumentin, als solche wird sie von der zur REWE Group Austria gehörenden Drogeriemarktkette angesehen, zu dem vor dem BIPA wartenden Vater kommt, berichtet sie ihm über diesen Vorgang. Der Vater begibt sich daraufhin in den Markt und fragt die Kassiererin ob es zutreffend sei, daß sie das Kind nach dem Besitz einer BIPA-Kundenkarte gefragt hätte, was die uns namentlich bekannte Mitarbeiterin bestätigte. Die zweite Frage des Erziehungsberechtigten lautete dann: „Ab welchem Alter können Ihre Kunden eine derartige Kundenkarte erhalten?“, was die Beschäftigte mit „Ab 14 Jahren beantwortete“ worauf der Mann erwiderte: „Warum fragen sie dann ein offensichtliches Kind danach?“, was unbeantwortet blieb.

BIPA-CardKritischen Konsumenten ist längstens bewußt, daß Konzerne nichts, aber rein gar nichts zu verschenken haben. Hinter keinem Sonderangebot oder mit einer Kundenkarte im Zusammenhang stehender Vergünstigung steht nicht eine Absicht, die dem jeweiligen Konzern nicht zum Vorteil gereichen würde. Konsumentenprofile werden erstellt, Kundenverhalten ausgetauscht und weitergereicht – man braucht nur das Kleingedruckte in den Antragsbestimmungen genau zu lesen.

Für viele Menschen und gerade für Kinder und Jugendliche spielt der Besitz solcher „Kundenkarten“ auch eine im Unterbewußtsein nicht gerade unwesentliche Rolle. Können Sie sich an die 1980er und 1990er Jahre erinnern, wo Sie noch stolz den Besitz von Kreditkarten bei der einen oder anderen Gelegenheit zeigten? Je mehr man hatte, um so wichtiger schien man zu sein, war doch der Besitz eher einer sich oftmals als elitär zu bezeichnenden Personengruppe mit entsprechend hohen Einkommen vorbehalten. Die Zeiten haben sich geändert, heute sind Kreditkarten nichts Besonderes mehr. Kundenkarten haben sie abgelöst und sie binden Konsumenten an Unternehmen und diese profitieren vielseitig davon.

Faksimile der AGB der BIPA-CardDer Vorfall, bei dem man sogar schon ein 10jähriges Kind auf seine Kundenkarte ansprach, die laut BIPA-Card Anmeldeformular erst ab dem 14 Lebensjahr beantragt werden kann, veranlaßte uns telefonisch mit der Pressestelle von BIPA in Verbindung zu treten. Die Öffentlichkeitsarbeit wird von der REWE Gruppe Österreich vorgenommen. Einer Frau TREITL der Pressestelle trugen wir den Sachverhalt vor und wollten wissen, warum sich der Konzern schon offensichtlich an Kinder heranmacht um ihnen die Kundenkarte schmackhaft zu machen. Kinder braucht man nur oft genug mit derlei Begriffen zu konfrontieren, daß sie es dann kaum erwarten können ihre eigene Karte zu erhalten. Scheinbar ein doch delikates Thema, denn TREITL: „Darf ich Sie an die Konzernsprecherin Mag. Tinkler verweisen.“ Aber TINKLER, war nicht zu sprechen und so schickten wir der Dame, wie schon oft zuvor, eine Sachverhaltsdarstellung und ersuchten wie folgt:

Faksimile aus der Presseanfrage an die Konzernsprecherin, Mag. Tinkler der REWE Group AustriaFaksimile aus der Presseanfrage an die Konzernsprecherin, Mag. Tinkler der REWE Group Austria

„Es ergeht an Sie die Anfrage, warum die mittlerweile als penetrant zu bezeichnende Frage von Personal Ihres Konzerns in den unterschiedlichsten Geschäftszweigen* nach dem Besitz von Kundenkarten auch offensichtlich auf Kinder, die zusätzlich gar nicht berechtigt sind eine derartige zu beziehen, ausgedehnt wurde?“ (* red. Anm.: Aus unserer Erfahrung ebenso bei BILLA und PENNY)

Das war am 1. Juli 09 und bis zum heutigen Tage hat es der REWE-Konzern nicht für notwendig erachtet eine Stellungnahme abzugeben oder sich für das Verhalten zu entschuldigen.

auch LIBRo überwacht das Konsumentenverhalten mit seiner Club-KarteLIBRO ClubIn einigen Jahren werden die Besitzer der sogenannten Kundenkarten Supermärkte betreten und dann dürfen sie sich freuen, wenn ihnen beispielsweise zum Geburtstag auf einem Großmonitor gratuliert wird. Heute beschränken sich Konzerne im Rahmen der gegenwärtigen Möglichkeiten die Kundenkarten zu ihrem Zweck vollinhaltlich auszuschöpfen. Der LIBRO-Club schickte beispielsweise jüngst einen 5.- Euro-Gutschein einem Kundenkarteninhaber, weil die Systeme ALARM geschlagen haben, weil dieser Kunde schon längere Zeit keinen Einkauf mehr unter Einsatz seiner Kundenkarte vorgenommen hatte.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat sich jüngst mit den unterschiedlichsten Kundenkarten befaßt und seine Veröffentlichung unter dem Titel „Spione im Einkaufskorb“ vorgenommen. Mit drei Überschriften faßt die Organisation wie folgt zusammen: „Umsonst ist der Tod“ – „Einträgliches Geschäft“ und „Nicht immer günstig“.

Faksimile aus dem Brief der LIBRO Handelsgesellschaft mbHFaksimile aus dem Brief der LIBRO Handelsgesellschaft mbH

Und wenn Sie jetzt mit dem Standard(argument) kommen, Sie hätten nichts zu verbergen, tja – wie Sie meinen. Wir haben bei eBay längstens Datenträger mit Angaben von Firmen und Personen für ein paar Euro ersteigert. Wir sind auch im Besitz von Personendaten mit Adressen, Kundenummern und Kreditkartendaten von Firmen. Sie wurden uns zugespielt, weil wir zu den Guten gehören, was andere mit diesen Daten jedoch alles hätten anfangen können? Darüber lohnt es sich vielleicht nachzudenken.

Auch wenn Sie als Kundenkarteninhaber oftmals meinen ein richtiges Schnäppchen ergattert zu haben, dann sollte Ihnen bewußt werden, daß das Geld nicht das einzige Zahlungsmittel war mit dem Sie den Artikel tatsächlich bezahlt haben!

Letztlich unser Tipp: Verzichten Sie auf Kundenkarten und zahlen Sie bar.

2009-07-18