Protokoll 7.2.07 LG Passau legt HOST EUROPE nahe, die Klage zurückzuziehen

(Deutschland) Im August 2006 veröffentlichten wir einen umfassenden Sachverhalt über die Sperre von mehreren Internetpräsenzen des IT-Sicherheitsberaters Uwe BERGER durch seinen Webhoster, der HOST EUROPE GmbH aus Köln. Unter dem Titel „Wie HOST EUROPE ein Hackeropfer zum Täter wandelt“ wurde unter anderem dokumentiert, daß BERGER nicht nur fälschlich seitens HOST EUROPE, wie folgt beschuldigt wurde (Auszug):

Trotz unserer Abmahnung vom 13.8.2006 – 23:08 Uhr haben Sie weiterhin bzw. erneut Spam versendet bzw. versenden lassen bzw. mittels SPAM eine oder mehrere Domains beworben bzw. bewerben lassen, die Sie bei uns als Webhosting-Paket führen.

was jedoch eindeutig eine Lüge war, da die „beworbenen“ Domains zu einem Wettanbieter gehörten und jedenfalls nicht im Besitz BERGERS standen oder stehen. Eine Nachschau der HOST EUROPE-Mitarbeiter im Webhosting-Paket des eigenen Kunden hätte dies sofort bestätigt, unterblieb jedoch ganz offensichtlich. In Wirklichkeit hatten sich kriminelle Hacker Zutritt in die Server von HOST EUROPE verschafft und verursachten, laut deren Angaben, Massen-SPAM. Zusätzlich fand BERGER jedenfalls auch Anti-Israel Parolen in seinen Verzeichnissen implantiert.

Webhoster Host Europe versus Freie Presse - Journalist Walter Egon GlöckelMehrfache, eindeutige Oberflächlichkeit und mangelhaftes Qualitätsmanagement des Webhosters wurden nicht nur, durch die vom Hackeropfer BERGER vorgelegte umfassende Korrespondenz zwischen ihm und HOST EUROPE unter Beweis gestellt, sondern auch durch die unzureichende Beantwortung, der vom Chefredakteur an diese gerichtete umfangreiche Presseanfrage, aus journalistischer Sicht, untermauert. Bei HOST EUROPE hat es sich, wie andere Fälle auch aufzeigen, scheinbar „eingebürgert“, wenn Internetpräsenzen der eigenen Kunden vorübergehend abgeschaltet werden (!?), daß diese mit einem falschen Hinweis sowie einem großflächigen eigenen Werbebanner dann ersetzt werden. Denn es wird nicht etwa auf eine vorübergehende Nichterreichbarkeit der Internetseiten der eigenen Kunden hingewiesen, sondern wie folgt verlautbart:

Diese Internetpräsenz befindet sich derzeit noch im Aufbau. Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Viele Internetnutzer gewinnen dadurch den Eindruck, daß offensichtlich hier eine neue Webpräsenz entsteht und der bisherige Portalbetreiber seinen Dienst eingestellt und/oder, der Domainbesitzer gewechselt hat. Auch dazu wurden Beispiele bereits veröffentlicht. Daß dies für alle betroffenen Kunden, eine sehr nachteilige Angelegenheit ist, kann von jedem durchschnittlich versierten Internetnutzer nachvollzogen werden.

Nachdem sich der Herausgeber weigerte die Reportage, wie von dem Juristen der HOST EUROPE GmbH, der Kanzlei Sinzger & Partner, RA Mark PETERS gefordert, zu löschen, brachte die HOST EUROPE GmbH am Landgericht Passau Klage auf Unterlassung und Widerruf angeblich rufschädigender Äußerungen ein. Das Verfahren wurde unter der Az: 4.O.880/06 geführt. Am 7.2.2007 kam es dann zu einer Gerichtsverhandlung, dessen Protokoll folgend in einer 1:1-Abschrift vollständig veröffentlicht wird:

Protokoll

aufgenommen in der öffentlichen Sitzung der 4. Zivilkammer beim Landgericht Passau am Mittwoch, den 07. Februar 2007.

Gegenwärtig: Vorsitzender Richter am Landgericht Dr. Hartmann als Vorsitzender, Richterin am Landgericht Wagner-Humbach und Richter Dr. Klemm als beisitzende Richter.

Von der Zuziehung eines Protokollführers wurde abgesehen. Die Feststellungen wurden auf Tonträger aufgezeichnet.

In Sachen Host Europe GmbH ./. Glöckel wegen Unterlassung erscheinen bei Aufruf der Sache:

1. Für die Klägerin RA Peters und RAin Brandenburger,
2. für den Beklagten RA Schlögl.

Klägervertreter erhält Abschrift des Beklagtenschriftsatzes vom 06.02.2007.

Klägervertreter erklärt, er habe den Schriftsatz des Beklagtenvertreters vom 07.02.2007 bereits erhalten.

Zunächst verweist das Gericht hinsichtlich des gestellten Prozesskostenhilfeantrags auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts München vom 11. Mai 1998, OLGR München 1998, S. 380.

Das Gericht weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, den Prozesskostenhilfeantrag des Beklagten wegen Nichtvorliegens der persönlichen Voraussetzungen abzulehnen.

Rechtsanwalt Schlögl erklärt, über die im Schriftsatz vom 06.02.2007 enthaltenen Angaben hinaus könne er zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten nichts weiter vortragen.

Das Gericht verhandelt sodann zur Güte und führt in den Sach- und Streitstand ein.

Rechtsanwalt Peters erklärt, in dem Artikel werde der Klägerin konkret vom Beklagten vorgeworfen, eine vertragliche Verpflichtung nicht zu erfüllen. hierbei handle es sich um eine Tatsache. Rechtsanwalt Peters erklärt, er habe in dieser Sache schon eine einstweilige Verfügung beantragt gehabt, die nicht erlassen worden sei. Hier sei vom Gericht ein Streitwert von 10.000.- Euro zugrunde gelegt worden. Die einstweilige Verfügung sei nicht erlassen worden, weil das Gericht der Auffassung gewesen sei, hier sei eine Tatsachenbehauptung im Hauptsacheprozess zu klären. Rechtsanwalt Peters erklärt, das einstweilige Verfügungsverfahren sei beim Landgericht Passau anhängig gewesen. Zuständig gewesen sei Vors. Richter am Landgericht Herzog.

Das Gericht weist darauf hin, dass sich damit möglicherweise Zuständigkeitsprobleme ergeben, weil nach der landgerichtsinternen Zuständigkeitsregelung in diesem Fall den Hauptsacheprozess die Kammer führen müsse, die auch das einstweilige Verfügungsverfahren bearbeitet habe.

Rechtsanwalt Peters erklärt, es habe sich um die gleichen Anträge gehandelt.

Das Gericht regt gleichwohl an, die Klage zurückzunehmen.

Das Gericht weist darauf hin, dass sämtliche Punkte, die die Klägerin beanstandet, sich als Meinungsäußerungen darstellen. Lediglich bei Punkt 2 kann darüber diskutiert werden, dass die Meinungsäußerung mit einer Tatsachenfeststellung verbunden ist. Allerdings überwiegt nach Auffassung des Gerichts auch hier das wertende Element. Das Gericht weist darauf hin, dass sich der beanstandete Artikel letztlich in zwei Teile gliedert. Dabei enthält der erste Teil Anlage K 1, Seiten 1 bis 5, im Wesentlichen eine Chronologie der Ereignisse mit vielen Zitaten, die inhaltlich nicht angegriffen werden. Teil 2 enthält ab Seite 2 die Bewertung dieser Tatsachen, eingeleitet mit dem Wort „damit“, wodurch ausgedrückt ist, dass in den folgenden Zeilen der eingangs dargestellte Sachverhalt aus Sicht des Autors gewertet wird. Es ist unerheblich, ob diese Bewertung wertvoll, wertlos, richtig oder falsch, begründet oder grundlos, emotional oder rational ist. Sie unterliegt dem verfassungsrechtlichen Schutz der Meinungsäußerung. Der Schutz des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs tritt hier zurück.

Rechtsanwalt Peters erklärt, eine Klagerücknahme komme nicht in Betracht.

Die Güteverhandlung ist damit gescheitert.

Klägervertreter stellt Antrag aus der Klageschrift vom 16.10.2006. Beklagtenvertreter beantragt Klageabweisung.

Darüber hinaus beantragt Beklagtenvertreter Schriftsatzfrist, um auf den Schriftsatz vom 31.01.2007 antworten zu können.

Rechtsanwalt Schlögl erklärt: Für den Fall, dass die Klägerin ihre Klage doch noch zurücknimmt, stimme ich der Klagerücknahme bereits jetzt zu und stelle Kostenantrag.

– vorgespielt und genehmigt –

Der Vorsitzende verkündet nach geheimer Beratung des Gerichts folgenden Beschluss:

I. Beklagtenvertreter erhält Schriftsatzfrist bis einschließlich 23.02.2007, um auf den Schriftsatz vom 31.01.2007 antworten zu können.
II. Termin zur Verkündung einer Entscheidung wird bestimmt auf Freitag, den 09. März 2007, vormittags 09.00 Uhr, Zimmer 13/I.

Der Vorsitzende
Dr. Hartmann
Vors. Richter am LG

red. Anm.: RA Wolfgang SCHLÖGL (Passau) war in rechtsfreundlicher Vertretung von RA Klaus WALKERLING (Mülheim/Ruhr) für den Journalisten W. E. GLÖCKEL bei der Verhandlung anwesend. Den weiteren Verlauf des Gerichtsfalles können Sie auf unserer Sonderseite zu HOST EUROPE einsehen.

2007-06-26