Citroën und seine Informationspolitik

Im Sommer des Jahres 2003 sorgte ein Betrugsversuch im großem Stile für Schlagzeilen, der den Automobilhersteller CITROËN unter der Bezeichnung „Dienstwagen-Affäre“ ins Gerede brachte. Dabei bestellte ein Personenkreis über 5.800 Automobile des französischen Automobilkonzernes in Zusammensetzung verschiedener Typen über deren österreichische Vertretung. Fast dilettantisch erstellt muteten die Stempel der in die Öffentlichkeit gelangten Dokumente, die als Auftraggeber der Bestellung unter anderen das österreichische Innenministerium, die Caritas und das Hilfswerk auswiesen. Der Großteil der in Auftrag gegebenen Fahrzeuge war jedoch für das Innenministerium und die Caritas bestimmt. Bereits eine große Anzahl der Automobile, die, alle in der Farbe weiß, in Betrugsabsicht bestellt wurden, um Provisionen zu kassieren, waren in Österreich angelangt.

Sreenshot der Presseseite von Citroën vom 7.7.2003Sreenshot der Presseseite von Citroën vom 7.7.2003

Abgesehen davon, daß die Ermittlungen seitens des österreichischen Bundeskriminalamtes rasch zu der Verifizierung des Täterkreises führten und sich der Fall nach Abschluß der Ermittlungen seitens des BKA nun bei der Staatsanwaltschaft befindet, hielt man sich seitens des CITROËN-Konzernes mit der Informationsbereitwilligkeit zurück. Lediglich ein 5-zeiler, ohne Überschrift mit der Bezeichnung PR 27-SU mit der Datierung 7.7. verlautbart, daß der Automobilhersteller Opfer eines Betrugsversuches geworden ist. Als „vermeintliche Dienstwagen-Bestellungen für das Bundesministerium für Inneres und der Caritas“ deklarierte man den Fall. (obwohl beispielsweise das Hilfswerk in der Presseerklärung gar nicht genannt wurde) „Citroën wird Klage erheben. Da sich die Fahrzeuge nach wie vor im Eigentum von Citroën befinden, kann der finanzielle Schaden in Grenzen gehalten werden.

Für das allgemein bekannte „Sommerloch“ der Medien kam der Fall gelegen und entsprechend intensiv war die Berichterstattung und Ausschlachtung. So wurde angesichts der Umstände recht frech mit der Thematik umgegangen und beispielsweise trat das österreichische Fernsehen mit einem Kamerateam bei unterschiedlichen CITROËN-Händlern in Erscheinung, um sich nach dem Bezug von etwaigen günstigen weißen Modellen zu erkundigen. Ganz nach dem Motto „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen“ wurde dieser Beitrag gleich einer Kabarettvorstellung ausgestrahlt. Dem renommierten Konzern war die Causa Dienstwagen-Affäre auch wahrscheinlich durch die teilweise dilettantische Vorgangsweise der Täter in gewisser Hinsicht peinlich.

Der vollständige Text der Pressemitteilung von Citroën vom 7.7.2003Der vollständige Text der Pressemitteilung von Citroën vom 7.7.2003

Welch firmenstrategische Gründe auch dafür verantwortlich waren, CITROËN erklärte, daß dieses Fahrzeugkontingent nicht in den österreichischen Handel gelangen werde, sondern zurückgeschickt wird. Ob dies eine sinnvolle Entscheidung angesichts der starken Nachfrage war, bleibt dahingestellt. Daß sich Konsumenten einen guten Rabatt bei dem Erwerb dieser Dienstwagen vorstellten, war eine logische Schlußfolgerung. Ebenso gab es Interesse an diesen Fahrzeugen von Kunden, die sich bereits unmittelbar vor dem Auffliegenden des Betrugsversuches in Verkaufsverhandlungen mit markenspezifischen Fachhändlern befanden. Selbst auf ausdrückliches Ersuchen von solchen Kunden, bei der CITROËN-Zentrale in Wien nachzufragen, ob man nicht ein verbilligtes weißes Model erwerben könnte, lautete die Antwort nach Rückfrage bei CITROËN-Österreich: Nein, diese Fahrzeug werden zurückgeschickt und stehen nicht für den Verkauf in Österreich zur Verfügung.

Inserat in der TageszeitungBereits im August, also nur wenige Wochen danach, tauchten dann unerwartet Inserate in der größten österreichischen Tageszeitung auf, in denen unter Fettschrift und Blockbuchstaben GANZ in WEISS Angebote verschiedener CITROËN-Modelle mit Preisnachlässen von ~15 bis 18,5 % beworben wurden. Nicht aufdringlich und in großer Aufmachung, etwas Fließtext und unter Beifügung eines kleinen Photos. Nachdem als Verkaufsstelle auch noch CITROËN Nord angeführt ist, die als Unternehmung von CITROËN Österreich firmiert, lag der Schluß nahe, daß es sich bei diesen Modellen offensichtlich um Fahrzeuge handelt, die aus der Dienstwagen-Affäre stammen, obwohl diese doch angeblich nicht zum Verkauf in Österreich gelangten. Die Inseratenserie über den Verkauf von GANZ in WEISS gehaltenen CITROËN-Modellen startete im August und lief bis Dezember 2003.

Inserate in der Tageszeitung am 30.11.2003Am 13. Jänner 04 ersuchten wir die Pressestelle von CITROËN-Österreich, Herrn ZIRNGAST, um Auskunft, ob es sich tatsächlich bei den Inseraten um Fahrzeuge aus dem Betrugsfall handelt und gleichzeitig um Mitteilung, warum der Verkauf in dieser als dezent bezeichenbaren Werbeform nicht zuvor den Interessenten mitgeteilt worden war. Erklärte der Konzern doch, daß dieser nicht vorgenommen werden würde. Herr ZIRNGAST teilte uns mit, daß er erst seit kurzem in der Pressestelle beschäftigt sei und erklärte, daß die Pressesprecherin Frau B. PETZ die Redaktion zurückrufen werde. Es kam kein Rückruf und so sahen wir uns veranlaßt am 14.1.04 nochmals in der Pressestelle unsere Anfrage zu urgieren. Die Pressesprecherin, Frau PETZ war wieder nicht anwesend, jedoch erfolgte in diesem Fall unmittelbar der Rückruf. Ohne eine Unterstellung vornehmen zu wollen, konnte man an dem Ton von Frau PETZ den Rückschluß ziehen, daß diese Thematik auf keine besondere Gegenliebe stieß. Frau PETZ sprach von Fahrzeugen, die in der Farbe silber gehalten waren, bis wir ihr den Vorschlag unterbreiteten, ihr gerne die Ablichtung der Photos und des Inseratentextes per Fax zu übermitteln. Dann räumte die Pressesprecherin ein, daß es sich sehr wohl um besagte weiße Modelle aus dem Betrugsfall handelt. Insgesamt seien etwa 350 Fahrzeuge in Österreich verblieben, von denen bereits 250 Stück verkauft wurden. Auf die Frage, warum man im Sommer nicht auf die Kundenanfragen in laufenden Verkaufsverhandlungen diesbezüglich einging und den Erwerb ermöglichte, bekamen wir nur zur Antwort, daß es eine Entscheidung innerhalb von CITROËN war und man nicht absehen konnte, daß in Folge dennoch diese Autos innerhalb des Landes verkauft werden.

Was bleibt sind Kunden, die sich angesichts einer Stückanzahl von einigen tausend Fahrzeugen die Frage stellen, ob sie getäuscht worden sind und ob CITROËN, angesichts seiner Informationspolitik nicht schon im Juli wußte, daß ein Kontingent für den Verkauf ab August in Österreich verbleibt, was einen logischen Aspekt beinhalten würde. Bei dem Betrugsversuch war der Automobilhersteller im Sommer Opfer und möglicherweise hat der Vorfall auch innerhalb der Automobilproduktion Arbeitsplätze gekostet. Tragisch genug, jedoch den Konsumenten solch ein Szenario aufzubereiten, läßt Substanz an der Glaubwürdigkeit schmelzen.

052301

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