Billige Schuhe im Supermarkt oder Fachhandel – ein Unterschied?

Supermärkte wie HoferAldi, Lidl, Penny Markt, Interspar und Co bieten den Konsumenten schon seit geraumer Zeit Schuhwerk unterschiedlichster Art zum Diskontpreisen an. In Zeiten knapper Geldbörsen, wo der Monat länger dauert, als Geld zur Verfügung steht, ein willkommener Aspekt, wenn es darum geht, ein Paar Schuhe für wenige Euro zu erwerben. Ob für Kinder oder Erwachsene, die Preise bewegen sich überwiegend zwischen der Bandbreite von 4,99 bis 19,99 €. Was erwartet der Konsument, wenn er solch billiges Schuhwerk ersteht? Natürlich kann und wird solch eine Fußbekleidung nicht den Qualitätskriterien  entsprechen, die der Schuhfachhandel offeriert. Oftmals werden von Herstellern eigene Billigsortiments für die Supermärkte produziert oder Containerweise No-Name Ware aus Fernost importiert. Doch selbst bei niedrigstem Preis darf der Konsument zu Recht darauf setzen, daß bei normaler durchschnittlicher Schuhtragedauer und -verwendung, das Discont-Schuhpaar aus dem Supermarkt eine Saison hält.

Faksimile der Rechnung von "jello SCHUHPARK"Marktstrategisch setzt der Schuhfachhandel, um auch den Supermärkten Paroli bieten zu können, auf eigene Ladenketten mit günstigen Preisen. Zu dem Konzern Schuh & Leder AG, u.a. Betreiber der bekannten HUMANIC – Geschäfte deckt mit der Ladenkette jello SCHUHPARK diesen Zielgruppenbereich ab. In einer solchen Filiale erwarb eine Konsumentin am 6. Juni 06 ein Paar Schuhe im modischen Boxerstil. Hoch gezogen mit Schnürriemen versehen, wurde das Schuhpaar von einem 14jährigen weiblichen Teenager getragen. Nach 18 Tagen traute der Erziehungsberechtigte jedoch seinen Augen nicht so wirklich, als er durch Zufall beim Reinigen des Schuhkastl das Schuhpaar (siehe Photos unterhalb) in die Hände bekam.

Das Paar der modischen Boxerschuhe Schäden an den Schuhen nach 18 Tagen Tragedauer Der rechte Schuh vom "jello Schuhpark" Der linke Schuh von "jello Schuhpak"

Wir haben begründeten Verdacht, daß die Stoffzusammensetzung der Sohle nicht stimmt

Detailaufnahme der SchuhsohleDetailaufnahme der Schuhsohle

jello SCHUHPARKDer schier unfaßbare Zustand der Schuhe ließen ihn nachfragen, ob es sich hierbei tatsächlich um jenes Schuhpaar handelt, das erst kürzlich im Schuhfachgeschäft gekauft und ihm von der jungen Dame stolz präsentiert wurde. Warum das Mädchen nicht schon bei Wahrnehmung der ersten Schäden diese vermeldet hat, wurde bedauerlicher Weise damit begründet, dass es Angst hatte, Vorwürfe zu bekommen, weil man aus dem Zustand nur schließen könnte, das sie unsachgemäß verwendet worden wären. Sie fuhr jedoch weder Fahrrad, noch mit einem Scooter oder sonst das Schuhwerk überstrapazierenden Dingen, die als einzige anzunehmende mögliche Ursache für diese gravierenden Schäden in Frage gekommen wären. Die Boxerschuhe wurden einfach nur getragen und dennoch war der komplette Sohlenbereich beider Schuhe, teilweise bis auf das innere Schuhgewebe, zerstört.

Bei genauer Betrachtung könnte, nach unserer Ansicht, nur bei der chemischen Zusammensetzung der Substanzen aus der die Schuhsohle gefertigt wurde ein Fehler unterlaufen sein. Nach Rücksprache mit der Zentrale von der Leder & Schuh AG, teilte uns deren Vertreter, Herr L. MAYER-RIECKH  mit, daß das Unternehmen grundsätzlich froh über die Information bzw. die Reklamation wäre, da es sich scheinbar einbürgerte, daß die wenigsten Konsumenten diesen Weg beschreiten. Reklamationen dieser Art seien auch, trotz der eigenen Qualitätskontrollen, ein wichtiger Faktor um als Unternehmen selbst auf Mängel reagieren zu können. So übersandten wir das Schuhpaar und sofort nach Erhalt meldete sich Herr MAYER-RIECKH  und teilte mit, selbst so einen gravierenden Zustand noch nicht gesehen zu haben. Zweifel über die Angaben bezüglich der Nichtverwendung beispielsweise beim Radfahren oder Scooterfahren wurden vermeldet, denn nur solch Verwendung könnte doch eigentlich zu so einem Resultat führen. In Anbetracht der Besitzerumstände können wir jedoch unsererseits 100% diese Ursachen ausschließen. Die Jello Handelsgesellschaft m.b.H. übermittelte für den Kaufpreis von 12,90 € Warengutscheine in Höhe von 15.- € und teilt weiters am 4.7.06 schriftlich mit, daß die Schuhe an ein Prüfinstitut weitergeleitet wurden und sobald ein Testergebnis vorliegen wird, entsprechende Information folgen.

Der Qualitätsmangel der WOOLF Schuhe aus dem Hause Grohmann Schuhimport GmbHDer Qualitätsmangel der WOOLF Schuhe aus dem Hause Grohmann Schuhimport GmbH

Faksimile der Rechnung vom INTERSPARBei unserem zweiten Fall wurde ein Paar Herren Trekkingsandalen der Marke WOOLF im Abverkauf in einer Filiale der Handelskette INTERSPAR der SPAR Österreichische Warenhandels AG am 27.6.06 zum Preis von 9,99 € erworben. Nach 22 Tagen Besitz und tatsächlich nur wenigen Stunden Tragedauer, da es dessen Besitzer vorzieht angesichts der Extremwetterlage barfuß zu gehen, bemerkt dieser plötzlich beim Ausziehen, daß aus dem Fußbett einer Sandale die Riemenhalterung ausgerissen ist. Schuhgröße 44 – der Besitzer 1,84m groß knapp 80 kg als normalgewichtiger Durchschnitt zu bezeichnen. Kein Vorgang der während des Spazierganges passierte, wo vielleicht mit dem Schuhwerk bei einem Gegenstand eingefädelt worden wäre – man also quasi wo hängen blieb. Am nächsten Tag der Anruf in der Filiale mit der Bekanntgabe der Reklamation. Die freundliche Dame der INTERSPAR-Filiale ersucht den Konsument bei Gelegenheit die Schuhe vorbeizubringen und er bekäme im Gegenzug einen Warengutschein in der Höhe des Kaufpreises. Eine Klärung über die Ursache hinsichtlich eines etwaigen Qualitätsmangels könnte sie nicht vornehmen, da das zu bemängelnde Paar in die Zentrale eingeschickt werden würde. Darauf unser Anruf in der SPAR-Zentrale in Salzburg, Frau Mag. BERKMANN – wir übermitteln den Sachverhalt sowie drei Detailphotos zu dem Mangel und bemerken, daß es sich um einen Gelegenheitskauf handelte und sich die Geschäftsstelle über 25 km vom Wohnort des Käufers befindet. Aus ökonomischen Gesichtspunkten wäre der Zeit- und Kostenaufwand kaum im Verhältnis zu den 9,99 €. Am 28.7.06 teilt die Mitarbeiterin vom SPAR-Service Team, Frau Mag. C. KERN in ihrer Stellungnahme, abgesehen von der Bekundung über das Bedauern, wie folgt mit (Auszug):

Selbstverständlich haben wir sofort unseren Hersteller informiert und folgende Stellungnahme erhalten:

„… Grundsätzlich ist es Philosophie der Fa. Grohmann, daß auch günstige Produkte den Qualitätsanforderungen entsprechen müssen. In diesem speziellen Fall wurde voraussichtlich ein Trockenprozeß des Klebstoffes nicht eingehalten, aus welchem Grund sich das Riemchen und das Fußbett jetzt beim Tragen ablösten. Dieser Fehler ist ein versteckter Fehler und wurde dadurch bei unserer Endkontrolle nicht entdeckt. Es kann sich jedoch nur um einen Einzelfall handeln, da die internen Ablaufprozesse ständig überprüft werden. Wir bedauern diese Reklamation sehr …

SPAR Service Team führt weiters aus:

Wir verstehen natürlich gut, daß Sie nicht 25 km fahren möchten, um diese Schuhe um zu tauschen; daher bieten wir Ihnen an, ein neues Paar Trekkung-Sandalen an die Adresse …. zu schicken.

Trekkingsandalen von INTERSPAR aus dem Hause GrohmannTrekkingsandalen von INTERSPAR aus dem Hause Grohmann

Nach Übermittlung der Schuhgröße kam dann auch das neue Paar WOOLF Trekkingsandalen aus dem Hause Grohmann Schuhimport GmbH. Womit wir nicht gerechnet haben, war der Umstand, daß es sich dabei um den Artikel handelte, der auch im Schuhfachgeschäft zu beziehen ist. Dem Grunde nach ist der Schuh ident mit dem der SPAR/INTERSPAR-Filialen, aber die Ausführung halt dem des Schuhfachhandels entsprechend. Die Sohle ist aus festerem Material, das Outfit ein wenig spritziger, aber was wesentlich ist, daß die Sohle und das Fußbett in einem gearbeitet sind. Wie unsere Folgerecherchen ergaben, kostet die uns als Ersatz für die Reklamation übersandte Trekkingsandale zwischen 28.- bis 30.- €.

Die Disconterausführung der WOOLF Trekkingsandalen vom INTERSPAR Die Ansicht der Schuhsohlen des im INTERSPAR erworbenen Trekkingsandalen Die WOLLF Trekkingsandalen in Qualitätsausführung für den Schuhfachhandel Schuhsohle und Fußbett aus einem Stück gefertigt

v.l.n.r.: 1. + 2. Foto: Die WOOLF Trekkingsandale als Disconterware in den INTERSPAR-Filialen
3. + 4. Foto: Der Ersatz – die WOOLF Trekkingsandale in Ausführung des Schuhfachhandels

Bilanz

Ziehen wir Bilanz über die gesammelten Erfahrungswerte, so zeigen diese Fallbeispiele, daß sowohl im Schuhfachhandel als auch in Supermärkten zu günstigen Preise Schuhe gekauft werden können. Mängel an Produkten können bei beiden Handelszweigen in Erscheinung treten. Professionell haben sowohl die verantwortlichen Stellen von der Leder & Schuh AG, als auch von SPAR Österreichische Warenhandels AG reagiert und mit Zufriedenheit die Reklamationen für den Konsumenten gelöst.

Hätte man von den Reklamationen wegen des vermeintlichen Aufwandes unter dem Aspekt des billigen Kaufpreises von nur 12,90 und 9,99 € Abstand genommen, wäre aus psychologischer Sicht eine negative Erfahrung als Resultat geblieben und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hätte der Kunde von einem neuerlichen Schuhkauf in dem jeweiligen Geschäft Abstand genommen. Trotz des Ärgernisses über den frühzeitigen Ausfall der Schuhe, müssen auch die 12,90 und 9,99 € erst verdient werden – es lohnt sich die Firmen zu kontaktieren und nicht vielleicht eben wegen des Preises, stillschweigend die Schuhe verärgert zu entsorgen und vielleicht alleinig der Nachbarin von dem negativen Erlebnis zu berichten. Der überwiegende Anteil der Konsumenten scheut den Weg der Reklamation, wie Herr MAYER-RIECKH bekundete. Doch er wird gebraucht, auch von den Firmen, um nicht das Vertrauen der Kunden in ihre Produkte zu verlieren, aber auch um auf Mängel Hinweise zu erhalten, die sonst unentdeckt blieben. Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft, aber so billig ein Schuhpaar auch sein möge, man darf auch weiterhin darauf vertrauen, daß diese auch für eine Saison das garantieren wofür sie geschaffen wurden – sie zu tragen. Die Ersatzschuhe WOOLF Trekkingsandalen aus dem Hause GROHMANN werden dieses Erfordernis mit Sicherheit um einiges übertreffen. (Sie auch auch noch im Jahr 2010 in Verwendung)

Update 11.8.06

Prüfgutachten bestätigt Verdacht von DER GLÖCKEL – Stoffzusammensetzung der Sohle war falsch

Prüfgutachten vom Prüf- und Forschungsinsititut Pirmasens e.V.Am 10.8.06 unterrichtete uns der Geschäftsführer der Jello Handelsgesellschaft mbH, Herr G. MAYER-HEINISCH, über das eingetroffene Gutachten, das im Auftrag von der Leder & Schuh AG beim Prüf- und Forschungsinstitut Pirmasens e.V. in Auftrag gegeben wurde. Unter der Prüfberichtsnummer 0605666-01/02-00-01a stellte die unabhängige Einrichtung fest, daß der Abriebwiderstand der Laufsohle der „Boxerschuhe“ die einschlägig geltenden Normen (DIN EN 12770) um 2/3 überschritten hat und führt aus:

Das Abriebverhalten der untersuchten Laufsohlen ist als ungenügend zu beurteilen, dies ist vermutlich auf einen hohen Füllstoffanteil zurückzuführen, worauf die sehr hohe Dichte von über 1,6 g/cm³ hinweist.

Wie die Geschäftsleitung von jello SCHUHPARK mitteilt, bestätigt dies unsere Annahme über die falsche Zusammensetzung der Produktstoffe der Sohle. Die Konzernleitung informierte uns über die umgehend nach dem Vorliegen des Gutachtens eingeleitenten Schritte gegenüber dem Produzenten und die künftige Ausweitung der Qualitätskontrollen – ohne dem aufgezeigten Sachverhalt wäre es trotz der bereits existierenden, stichprobenartigen Zwischenkontrollen nicht möglich gewesen, Kenntnis über diesen Produktmangel zu erlangen. Die Bedeutung des „aktiven Konsumenten“ wurde durch den Sachverhalt als unverzichtbares Element der Symbiose zwischen erfolgreichem wirtschaftlichen Handel und nachhaltigen Konsumgüterabsatz unterstrichen.

Faksimile des GutachtensFaksimile des Gutachtens

072907

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