Mittwoch, 12. Jänner 05, verlautbarte der eBay-Konzern auf seinen Portalen in Deutschland und Österreich, dass per 18. Februar eine Gebührenänderung in Kraft tritt. Bilderdienste werden beispielsweise billiger, was wohl nur auf die Zurückhaltung der eBay-Mitgliederschaft bei der Artikeleinstellung zurückzuführen sein dürfte, weil diese Gebühr bisher den User tief in die Brieftasche greifen ließ. Andererseits gibt es sehr wohl Preiserhöhungen – beispielsweise die der Artikeleinstellung mit einem Verkaufspreis von mehr als 100.- € und der „Sofort-Kaufen“ Zusatz-Option, die bis 18.2. 10 Cent und ab diesem Datum 50 Cent kostet. Die Reaktionen in den Medien fielen entsprechend aus, als verlautbart wurde, dass Gebühren bis zum 5fachen des zuvor verlangten Betrages eingehoben werden. In den USA hatte die letzte Preiserhöhung einen Protest der Mitglieder zur Folge, sodass eBay-Amerika einen Rückzieher machen musste und die Preise wieder senkte, wie auch Spiegel Online am 7.2.05 publizierte.
Rückblende: Am 24.6.2004 veröffentlichten wir eine Reportage über die Veränderung beim eBay-Bilderdienst, die die Schlussfolgerung zuließ, dass eBay auch bei uns die Mitglieder zwingen will, den, natürlich kostenpflichtigen, eBay-eigenen Bilderdienst in Anspruch zu nehmen – vermutlich zur Steigerung der Handelseffizienz. Unser Artikel verfehlte seine Wirkung nicht und 29 Tage nach Feststellung und Veröffentlichung wurde diese Maßnahme von eBay wieder zurückgenommen. Vor einigen Tagen machten wir neuerlich eine Feststellung, die in ihrer Art und Weise einem dèjá vu gleichkommt. eBay setzt offensichtlich in der bekannten Gangart seinen Weg fort und bereitet in einem Segment eine Gebühreneinhebung vor, von der in der angekündigten Gebührenänderung kein Wort zu finden war und ist.
Diese Gebühreneinführung hat jedoch eine gänzlich andere Dimension als die verlautbarten Preiserhöhungen. Der Konzern hat neuerdings bei Artikeleinstellungen für den Zeitraum von 10 Tagen einen Vermerk beigefügt.
Faksimile einer Auktionseinstellung am 12.2.2005 bei eBay
Auch bei der Gesamtgebührenaufstellung findet sich plötzlich ein, für den User, neues Erscheinungsbild
Ausschließlich für die Angebots-Dauer von 10 Tagen findet sich plötzlich der Hinweis, dass keine Zusatzgebühr anfällt – nicht aber bei Einstellungen für 1 bis 7 Tagen laufende Auktionen.
Faksimile einer Einstellung am 12.2.05 mit einer Laufzeit von 7 Tagen
Auch die Gebührenübersicht weist keinen Vermerk aus
Bis vor wenigen Tagen gab es bei Einstellungen mit einer Laufzeit von 10 Tagen noch diese Gebührenaufstellung – mit keinerlei Hinweis auf eine derzeit noch nicht vorhandene Gebühr.
Auktionseinstellung mit Laufzeit einige Tage vor der Veränderung
Nachdem für derartige Einstellungen auf dem USA-Portal schon lange eine Zusatzgebühr, derzeit von 20 US-Cent (entspricht 16 Euro-Cent) eingehoben wird, scheint es somit offensichtlich, dass eBay bereits mit der administrativen Umsetzung der neuen, schleichenden Gebühr begonnen hat. Der europäische Raum kann vom Umfang des Artikelangebotes mit den USA nicht verglichen werden, liegt jedoch an Konzernumfang immerhin an 2. Stelle – das deutsche Portal ist mit dem österreichischen sehr eng verbunden. Auktionen, die in Österreich eingestellt werden sind auf dem deutschen Portal ebenfalls gelistet. Gegenwärtig befinden sich auf dem USA Portal 12.524.567 Angebote und Deutschland mit Österreich umfasst 6.132.114 Quelle wortfilter.de).
Gebührenpflicht am US-Portal von eBay bei Einstellungen mit einer Laufzeit von 10 Tagen
Gebührenaufstellung bei ebay.com – USA
Betrachtet man die Aktienkurse des Unternehmens, so geht es um Dividenden und eBay will den Erwartungen der Aktionäre entsprechen und die der Analysten übertreffen. Aus einem logischen, wirtschaftlichen Aspekt gesehen, kann der Interessentenkreis für ein Angebot mit jeder Stunde der Präsenz im Internet steigen. Je länger somit ein Artikel eingestellt wird, umso wahrscheinlicher ist die Zunahme der Interessenten und eines folgenden Verkaufserlöses. Was eBay mit der Gebühreneinführung für Angebote mit 10 Tagen Laufdauer bewirken will, liegt ebenso auf der Hand. Der Markt dreht sich rascher und in Folge steigt auch die Statistik. Kommt kein Verkauf zustande, dann wird der Artikel wieder rascher eingestellt oder man zahlt eine etwaige Gebühr für einen längeren Einstellzeitraum wodurch eBay in jedem Fall profitiert.
Wir nahmen am Donnerstag vormittag der vergangen Woche mit der Pressestelle von eBay-Deutschland Kontakt auf. Bei 5 Anrufen war immer nur der Anrufbeantworter erreichbar (08.45 – 11.45 L. BECHTOLDT, N. CHOPURIAN & K. HARZBECKER). Wir hinterließen schließlich auf dem Anrufbeantworter von Nerses CHOPURIAN, Director Corporate Communications, eine Nachricht und ersuchten bezüglich des Sachverhaltes um dringenden Rückruf. Am Freitag kam auch keine Antwort. Worauf wir eine e-Mail mit der Bitte um Stellungnahme abschickten (11:09). In gewohnter Weise schweigt eBay und es gilt abzuwarten, wann und in welcher Form Stellung bezogen wird. Beim letzten derartigen Versuch seitens des Unternehmens begründete der Konzern die Abänderung im Portal mit einem Systemfehler, der jedoch nicht, wie sonst üblich, innerhalb des eBay-Portals, verlautbart wurde.
Denkt man an die eBay-Gründung von Pierre OMIDYAR zurück, dann ist dies wahrlich nur noch Historie – eine menschliche Leidenschaft, das Sammeln von PEZ-Figuren hat dem Globus dieses Unternehmen beschert. Jetzt steht dem Konsumenten nur noch ein knallharter Konzern gegenüber, der von einer sehr restriktiven Hierarchie gesteuert wird und sich fragwürdiger Methoden bedient. Die Ankündigung der Gebührenerhöhung vom Jänner 2005 beinhaltete mit keiner Silbe, dass der Auktionszeitraum von 10 Tagen auch unter die Entgeltpflicht fallen wird. Die Strategen bei eBay setzen offensichtlich zum zweiten Mal auf eine Vorgangsweise, die als hinterlistig bezeichnet werden kann; sie verlautbaren Inhalte und platzieren zum herannahenden Stichtag der Gebührenänderung ein trojanisches Pferd.
Faksimile der Gebührenaufstellung einer eBay-Rechnung vom 14.2.2005
„Angebot gültig für 10 Tage Gebühr“ & „Gebühr für Angebote mit besonderer Gültigkeitsdauer“ – es fehlt nur noch der Betrag
Zur Vergrösserung gelangen Sie durch Klick auf die Abbildung
Update:
Mit Feststellung vom 27.3.05 hat eBay den Hinweis aus seinem Portal entfernt, wie auch den Vermerk aus der Rechnungszusammenstellung. Wie bereits bei der Reportage „Unternimmt eBay Zwangsmaßnahmen?“ hat die Presseabteilung weder zu dem durch uns aufgezeigten Sachverhalt Stellung bezogen, noch wurde im eBay-Mitteilungsportal auf einen etwaigen Fehler bzw. eine Falschprogrammierung hingewiesen.
061302