Zuggeschichten über City Night Line

City Night LineOb Geschäftsreise oder Urlaub – das Bahnfahren kann genauso wie die Flugreise, durch verschiedene Qualitätsstufen – von der Economy- bis zur First Class unterschiedlich ausfallen. Schenkt man den Werbeprospekten der schweizerischen CityNightLine CNL AG mit dem Hauptsitz in Zürich Vertrauen, dann handelt es sich bei ihren Zuggarnituren und ihrem Service um solchen der gehobenen Kategorie. Diese Gesellschaft bietet Destinationen an Hauptverbindungen zwischen der Schweiz, Deutschland und Österreich an. Im Fahrplan der Deutschen Bahn im Internet wird bereits darauf hingewiesen, dass diese Züge besonderen Gegebenheiten unterliegen. So besteht zum Beispiel für eine Fahrt der CNL eine Reservierungspflicht. Der Strasse ausweichend wurde der Entschluss gefasst, den angekündigten Komfort eines Liegewagens zu geniessen und das Abendmahl im Bar und Loungewagen einzunehmen. 3 Fahrten waren es insgesamt, die mit dem Donau Kurier von Essen nach Wien unternommen wurden.

Bei der ersten Fahrt wurde ein Liegewagen im 6er Abteil gebucht. Für die Fahrkarte der 2. Klasse wurde ein Preis von DM 278.- (139,10 €) sowie zusätzlich für den Liegewagen von DM 66.- (33.- €) für Hin- und Rückfahrt berechnet. Der Speisewagen entpuppte sich als angenehmer Entspannungsort und in einer Herrenrunde wurde so manches einfaches Alltagserblebnis zu einem Grossabenteuer hochstilisiert. Zu fortgeschrittener Zeit begab man sich zu seinem Liegeplatz. Der erste negative Eindruck entstand durch die von allen Anwesenden festgestellte schlechte Luft im Abteil. Gegenüber einer eventuellen Autofahrt war die Ankunft in Wien am Morgen dann schon um einiges entspannter.

CNL Konsumententest

Bei der zweiten Reise konnte man wieder einmal mehr die Erfahrung machen, dass Menschen noch immer den Fehler begehen, andere nach ihrem Aussehen zu beurteilen. (Anm.: Arbeiteroutfit/Ruhrgebiet) Gleich nach dem Einsteigen wurde ein Platz im Speisewagen eingenommen. Vor dem kühlen Glas Bier eine Mahlzeit – und dazu eine Flasche Mineralwasser ohne Kohlensäure. Diese ist in der Speiskarte mit der Gebindegrösse 0,33 l angegeben. Serviert wurde von einer jungen Servicekraft, die vorher zwei besser gekleidete, aber später in den Speisewagen eintretende Männer bediente – unseren Reisenden jedoch mit einer Flasche mit 0,25l.Auf diesen Umstand angesprochen bekam er, zart gepierct und nicht so elegant gekleidet, dann etwas barsch eine weitere Flasche vorgesetzt, jedoch mit Kohlensäure versetzt. So ganz nebenbei wurde der durch sein Aussehen doch etwas aus dem allgemeinen Rahmen Fallende, gefragt, ob er eine Fahrkarte hätte. Es handle sich hier nämlich um einen reservierungspflichtigen Zug und da könne man nicht einfach einsteigen. Somit war der begonnene gemütliche Abend gelaufen – der Serviererin wurde versichert, dass man über einen Fahrschein verfüge. Nach der eingenommenen Mahlzeit wurde der Speisewagen verlassen.

Schlafen soll bekanntlich auch gesund sein und so trat man den Weg zum Liegewaggon an. Als wenn man es gewusst hätte – der Waggonbetreuer hatte schon die Fahrkarte und den Reservierungsschein in Händen, fällt man dem Zugchef quasi in die Arme. (Anmerkung: Fahrkarten und Reservierungen werden immer während der Fahrt eingesammelt.) „Wo woll´n Sie hin?“ – na und weil man es jetzt wirklich wissen wollte, setzte man etwas verzögert mit der Antwort ein – worauf der Zugchef meinte: „Der Ruhesesselwaggon ist noch weiter vorn.“ Ein kleiner taktischer Verzögerungsmoment brachte dann die schon erwartete Aufforderung: „Zeigen Sie mir Ihre Fahrkarte und Reservierung„. Darauf die kurze Antwort, dass der in diesem Waggon zuständige Zugbegleiter bereits die Unterlagen habe und man über diese Art und Weise, die offensichtlich mit dem Aussehen zu tun habe, für unerhört halte. Lapidar kam dann nur die Aussage, dass dies damit nichts zu tun habe.

Test von City Night LineTest von City Night Line

Für die 3. und letzte Reise nach dem alten Motto: „Aller guten Dinge sind drei“ – erfolgte wieder am Schalter der Deutschen Bahn der Kauf des Tickets. Diesmal sollte etwas anders aussehensmässig gestylt ein besserer Komfort begutachtet werden. Nach eingehender Beratung am Schalter im Bahnhof wurde eine ECONOMY SINGLE Reise für Hinfahrt 29.6. und Rückfahrt 8.7. gebucht. Bemerkenswert war hier bereits der Umstand, dass nicht nur die Reservierung für das Einzelabteil für die Hin- und Rückfahrt mit jeweils DM 179.- (89,60 €) zu Buche schlug sondern auch eine andere Fahrkarte gelösst werden musste. Solch ein Abteil steht nur dann zur Reservierung bereit, wenn man eine Fahrkarte 1. Klasse kauft. Die Differenz zum Liegewagen betrug alleine bei den Reservierungskosten bereits DM 146,- (73.- €). Die 1.-Klasse-Fahrkarte kostete im „Sparpreis Österreich“ DM 417.- (208,70 €) – gegenüber der DM 278.- (139,10 €) der 2. Klasse. Wenn man sich den Luxus schon gönnt, um DM 775.- (387,80 €) durch die Länder zu reisen und der Bahn gegenüber dem Flieger den Vorzug gibt, dann will man dies auch geniessen. Daher war der Frust schon gewaltig, als die Zuggarnitur im Bahnhof in Essen einfuhr und das Zugpersonal auf die Frage nach dem Speisewagen darauf hinwies, dass keiner mitgeführt werde.

Es habe beim Rangieren in Wien einen Unfall gegeben und die Österreichischen Bundesbahnen hätten die ganze Garnitur beschädigt. In diesem Fall musste den ganzen Tag auf die Einnahme einer ausgiebigen Mahlzeit verzichtet werden – und dies in Anbetracht der bevorstehenden Luxusreise für fast DM 388.- (194,10 €). Was übrig blieb war ein Provisorium im Form eines umfunktionierten Waggons in dem kleine Speisen und Getränke verabreicht wurden und etliche unzufriedene Passagiere angetroffen werden konnten. Hinzu kam ein Abteil, welches bei weitem nicht den Vorstellungen und Versprechungen des Prospektes der Gesellschaft entsprach und offen blieb die Frage nach der Berechtigung so viel Geld für solch ein Angebot zu verlangen. Das Ausfüllen eines Art Beschwerdezettels namens „Nobody is perfect“ wurde seitens der Crew angeboten und auch genutzt. Das Zugabteil war veraltet, roch muffig und das in der Früh servierte Frühstück brachte angesichts der Ereignisse nur noch ein bedauerstwertes Lächeln beim Betrachter hervor.

Frühstück bis zum Umfallen in der 1. Klasse für 387,50 EuroFrühstück bis zum Umfallen in der 1. Klasse für € 387,50!

War man der Ansicht mit der Rückreise den Abschluss der Erlebnisse gemacht zu haben, schien es dann doch noch die Sahne als Zugabe zu geben. Beim Check-In stoplerte der Waggonbetreuer über die auf den Reservierungen angeführten Daten. Es stellte sich heraus, dass der Schalterbeschäftigte für die Hin- und auch Rückfahrt in seinem Computer ein und den selben Tag eingegeben hatte. Im Klartext waren Reservierungen für die Fahrt von Essen nach Wien für den 29.6. Abfahrt 19:23 und die Rückfahrt von Wien nach Essen ebenfalls am 29.6. für 20:35 ausgestellt worden. Wie konnte dies passieren?

Die Reiseunterlagen waren vom Schalterbeschäftigten der Deutschen Bahn nach Lösung in einen Umschlag gesteckt und so übergeben worden. Auf die Idee, dass solch ein Fehler vorkommen kann … – doch ja, für die Zukunft erfolgt gewiss der Kontrollblick aber im Moment der Konfrontation am Bahnhof Wien West herrschte kurzfristig Sprachlosigkeit. Vorerst war vom ausgebuchten Zug die Rede – dann nahm man den Reisenden doch mit. Etwa 1 Stunde verbrachte der Reisende auf einem Sitzplatz – bis eine verständnisvolle Begleiterin mit der erlösenden Nachricht eintrat, man hätte jetzt ein Abteil zum Bezug frei. Speisewagen gab es allerdings in diesem Zug auch keinen, da eine Reparatur der beschädigten Garnitur noch nicht bewerkstelligt werden konnte. Jetzt war schon alles egal, man war dankbar für die läppischen DM 775.- (387,50 €) überhaupt noch mitgenommen zu werden – hätte auch schlimmer kommen können: Indem der Zug vollkommen ausgebucht gewesen wäre und kein Plätzchen mehr vorhanden gewesen wäre.

Was bleibt ist die Erfahrung, dass Menschen noch immer zu sehr nach dem Aussehen beurteilt werden und das Preis-/Leistungsverhältnis manchmal doch zu wünschen übrig lässt. Und die Frage sei erlaubt: Warum gilt unterschiedliches Reglement auf den Fahrten, da ein Waggonbetreuer ein Ausweisdokument forderte und ein anderer auf die Einsammlung verzichtete – was gilt nun im länderübergreifenden Reiseverkehr auf der Bahn zwischen Deutschland und Österreich?

In einer ersten Stellungnahme der CNL AG drückte man das Bedauern über die Umstände aus, die im Zusammenhang mit dem Rangierunfall in Wien durch die ÖBB passierten. Es wurde für die letzte Reise pro Fahrt (Hin- und Rück-) ein Gutschein in Höhe von je DM 180.- (90.- €) angeboten. In Anbetracht des fehlenden Bedarfes für weitere Zugreisen mit CNL erklärte sich das Unternehmen bereit, den Betrag zu überweisen.

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