Sind KIK-Sonderangebote reine Lockvogelangebote?

(Österreich) Die Textil-Ladenkette KIK (KiK Textilien und Non-Food GmbH) wirbt periodisch mit Werbeaussendungen, in denen sie Sonderangebote offeriert. Wie sich im Zuge von investigativen Recherchen zeigte, dürften diese Angebote lediglich dazu dienen, Kunden in die Läden zu locken – die beworbenen Artikel sind nämlich nur in einer sehr geringen und jedenfalls unzureichenden Stückanzahl verfügbar.

Beispiel für KIK-Lockvogelangebote in der großen Filiale | Foto: DerGloeckel.euBeispiel für KIK-Lockvogelangebote in der großen Filiale – lt. Angaben des KIK-Personals werden Schuhe gar nicht in allen Größen durchsortiert angeliefert

Lockvogelangebote bei KIKDer Verfügbarkeit von Angeboten eines Werbeprospektes, der den Haushalten zugestellt worden war, gingen wir in KIK-Filialen nach. 16 Seiten umfaßten die Sonderangebote; Dutzende Artikel wurden darin angepriesen. Die Gültigkeit startete am 9. Mai 2012 mit Ladenöffnung. Um 9:40, somit 40 Minuten nach Geschäftsöffnung, betraten wir die erste KIK-Filiale in einem zu diesem Zeitpunkt nur sehr mäßig besuchten Einkaufszentrum. Wir interessierten uns für unterschiedliche Artikel, die in dem Werbeprospekt offeriert wurden. Obwohl zu diesem Zeitpunkt nur wenige Kunden in dem Geschäft aufhältig waren, existierten beispielsweise von einem Kleid aus dem Angebot nur drei Stück, und von Sommerschuhen nur vier Paar. Es folgte die Feststellung, daß von dem geringen Warenangebot so gut wie alle Artikel aus dem Werbeprospekt betroffen waren. Darauf wandten wir uns an eine Verkäuferin der KIK-Filiale und fragten nach, warum denn so kurz nach Ladenöffnung beispielsweise ein Kleid gar nicht mehr in der gewünschten Größe erhältlich war; Ebenso, wieso von den Sommerschuhen nur vier Paar evident sind. Die KIK-Mitarbeiterin, des konzernintern als „große Filiale“ bezeichneten Geschäftes gab darauf wie folgt an:

Wir bekommen von Sonderangeboten immer nur ein bis maximal zwei Stück pro Größe;

bei Schuhen wäre die Warenzuteilung noch geringer – die große KIK-Filiale erhielte nie mehr als 2 Kartons, die alle Artikel der Sonderangebote enthalten würden.

KIK-Lockvogelangebote: in der großen Filiale standen nur 3 Stück eines Kleides und 4 Stück der beworbenen Halsketten zum Kauf zur Verfügung | Foto: DerGloeckel.eu

Beispiel: in der großen Filiale standen nur 3 Stück eines Kleides und 4 Stück der beworbenen Halsketten zum Kauf zur Verfügung


Beispiel: nur für die Größen 40, 42, 44 und 46 war jeweils ein Stück dieses Kleides verfügbar (dahinter bereits ein gleichfärbiger, anderer Artikel)

Noch weniger Artikel bei kleineren Filialen

Recherche in einem weiteren KIK-Geschäft, das sich in einem Gewerbegebiet befindet. Diese wird innerhalb der Konzernstrukturen als „kleine Filiale“ bezeichnet. Dort erhielten wir bei der gleichen Feststellung, daß ebenfalls die Waren kurze Zeit nach Geschäftsöffnung nur in unzureichender Stückzahl zum Verkauf, standen folgende Aussagen einer langjährigen Mitarbeiterin:

Wir sind eine kleine Filiale; wir bekommen maximal ein, zwei Schachteln für alle Artikel … wir bekommen maximal 1 Stück pro Größe … warum das so ist, weiß ich leider auch nicht.

KIK setzt offensichtlich mit Lockvorgelangeboten auf Kundenfrequenz | Graphik: DerGloeckel.euWahrnehmungen in der „kleinen Filiale“ – KIK setzt offensichtlich mit Lockvogelangeboten auf Kundenfrequenz

Wir entgegneten darauf, daß die Kunden doch somit nur in die Geschäfte gelockt werden würden, die Artikel gar nicht in allen Größen verfügbar sind und meinten, daß dies doch unlauterer Wettbewerb sei. Die KIK-Mitarbeiterin antwortete: „Kann man sagen, ja.

KIK-Lockvogelangebote | Foto: DerGloeckel.euDas Schuh-Sonderangebot in der „kleinen KIK-Filiale“

Nach unseren Wahrnehmungen nahmen wir noch vor Ort mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) fernmündlich Kontakt auf. Dessen Referentin bestätigte uns, daß nach den einschlägigen Bestimmungen her Firmen bei Sonderangeboten verpflichtet sind, ausreichende Stückanzahlen vorrätig zu haben. Sofern diese nicht verfügbar sind, spricht man von sogenannten Lockvogelangeboten.

KIK-Pressestelle lehnt Stellungnahme offensichtlich ab

An die Pressestelle der KIK Textilien und Non-Food GmbH richteten wir am 9.5.12 um 18:02 eine einschlägige Presseanfrage. Darin führen wir wie folgt aus:

.) Die von Ihrem Unternehmen beworbenen Artikel sind nur in einer völlig unzureichenden Anzahl in den Filialen vorhanden – kurz nach dem Aufsperren (40′) sind keine Sonderangebote mehr verfügbar; lt. Angaben Ihrer Mitarbeiterinnen werden bei Sonderangeboten grundsätzlich nur 1 bis max. 2 Stück pro Konfektionsgröße in größere Filialen geliefert; das Lieferkontingent für kleinere Filialen beträgt noch weniger.

Gemäß der Angaben von Mitarbeiterinnen unterschiedlicher Filialen, die alle Artikel der regelmäßigen Sonderangebote umfassen, sowie unseren Lokalaugenscheinen sind die Postwurfsendungen als reine Lockangebote zu klassifizieren.

Der KIK-Konzern bestätigt zwar den Erhalt der Presseanfrage am 9.5.12, war aber offensichtlich nicht bereit, eine Stellungnahme abzugeben.

Die Presseanfrage zu den Lockangeboten wurde von der KIK-Pressestelle zwar erhalten, blieb jedoch unbeantwortet

Unmißverständlich in seiner Stellungnahme jedoch der Verein für Konsumenteninformation

Nach Abschluß unserer Recherchen beim KIK übermittelten wir unsere Erkenntnisse an den VKI, der in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 23.5.12 wie folgt mitteilt:

Wahrheitswidrige Anpreisung und täuschende oder irreführende Werbung ist nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb verboten. Es ist den Unternehmen untersagt, Werbebehauptungen aufzustellen, die geeignet sind, Kunden über den wahren Wert, die Qualität oder Preise der Angebote, in die Irre zu führen und damit ins Geschäft zu locken.

In diesem Sinn sind also auch Lockvogelangebote, also Angebote von besonders günstigen Waren, die dann nicht erhältlich sind, unlauterer Wettbewerb. Leider kann der einzelne Konsument gegen unseriöse Werbemethoden nicht vorgehen. Das Klagerecht gegen unlauteren Wettbewerb haben die sogenannten Mitbewerber, also diejenigen Geschäftsleute, die durch das Verhalten eines Branchenkollegen Schaden erleiden könnten. In allen Fällen einer wahrheitswidrigen Anpreisung oder Irreführung steht dieses Klagerecht darüber hinaus – neben dem Österreichischen Arbeiterkammertag – seit 1.1.2001 auch dem Verein für Konsumenteninformation zu. Der betroffene Konsument hat allerdings kein Klagerecht.

Dipl.-Ing. Renate Wagner
Bereichsleiterin Beratung
Verein für Konsumenteninformation

Es wäre begrüßenswert, wenn sich der Verein für Konsumenteninformation die Geschäftspraxis der KIK Textilien und Non-Food GmbH in diesem Sinne annehmen würde.

In den Prospekten vom KIK findet sich auf dem vorletzten Blatt am Ende der Seite in 2mm Größe folgender Hinweis:

Angebote gültig, solange der Vorrat reicht. Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen.

Wir sind zu der Erkenntnis gelangt, daß KIK diese Werbeaktionen ausschließlich dafür konzipiert, um Kunden in seine Geschäfte zu locken. „Lockvogelangebote“, wie sie in der Fachsprache bezeichnet werden. Wenn beispielsweise ein Schuhpaar nicht einmal in allen Größen in die Filialen geliefert wird, kann man wohl kaum gerechtfertigt von einem „Vorrat“ sprechen. Ein bis zwei Kartons von Dutzenden Artikeln, die die Werbeprospekte beinhalten, bekommen lt. Angaben der KIK-Mitarbeiterinnen die Filialen – egal ob es sich um kleine oder große handelt. Eine haushaltsübliche Menge wäre zumindest ein Stück – aber nicht einmal das konnte von einzelnen angepriesenen Sonderangeboten bei KIK erworben werden.

Links:
ARD – Die KIK-Story – die miesen Methoden des Textikdiscounters
Kampagne für Saubere Kleidung zu KIK