Wirklich harte Jungs – Tiroler Legionäre in Bayern

Abenteuer Großhandelsumschlagplatz für Weihnachtsbäume

Viele hört man oft von ihrem Job sprechen, er ist auch Lebensinhalt und genausoviele träumen hin und wieder davon, auszubrechen aus ihrem Berufsalltag. So weiss doch schon fast jeder Junge, dass Arbeiten auf einer Ölplattform so einen richtigen Kick mit sich bringt. So einmal richtig Arbeit mit Abenteuer verbinden. In kürzester Zeit so richtig Kohle abstauben. Die Arbeitskleidung mit Dreck beschmiert, Kameradschaft rund um die Uhr und in einem Stück ein paar Wochen runterreissen und dann eine dicke prall gefüllte Brieftasche haben. Die Plattformen haben zumeist schon ihre Fachkräfte und eigentlich ist es ja nur so ein Gedanke und nicht die wirkliche Absicht fern der Heimat seinen Lohn zu verdienen. Aber dennoch so richtig „Asche“ zu machen, das wär doch etwas.

Import der Weihnachtsbäume - ein gutes Geschäft - zu welchem Preis?Import der Weihnachtsbäume – ein gutes Geschäft – zu welchem Preis?

Der Kapo vom Unternehmen in MünchenEs gibt diese Möglichkeit, vermutlich gibt es einige, aber der Jahreszeit entsprechend haben wir uns ein Beispiel angesehen. Klingt gar nicht so aufregend – arbeiten auf einem Verladeplatz für Christbäume – ewa 6 Wochen am Stück unter der Patronanz eines Capo, der sein Geschäft versteht und sehr streng führt.

Der Christbaumverkauf ist ein Geschäft, das im Grunde innerhalb von knappen 2 Monaten am Platz abgewickelt wird. In der Saison, also innerhalb von 4-6 Wochen, kommen an die 145 Sattelzüge voll beladen mit Christbäumen. Der Platz ist einer der grössten im Südbayerischen Raum und von hier aus werden die Bäume auch ausgeliefert. Die Anzahl der Arbeiter, die diese Tätigkeit ausführen, ist unterschiedlich und bewegt sich auf diesem Platz zwischen etwa 7-10 Leuten. Es ist ein eingeschweisstes Team und jedes Jahr kommen sie wie Legionäre aus dem benachbarten Tirol. Sie werden einfach als Tiroler bezeichnet und hi und da mischt sich auch ein Einheimischer hinzu. Knappe 2 Monate des Jahres investieren sie in eine Arbeit, die es zigtausenden Menschen ermöglicht, nicht nur einen schönen Weihnachtsbaum am heiligen Abend im erstrahlenden Licht zu Hause zu haben, nein was viel wichtiger erscheint – zu einem wahrhaft günstigen Preis.

Akkordarbeit der Tiroler - wer macht den Profit?Akkordarbeit der Tiroler – wer macht den Profit?

Früher waren Christbäume um ein Vielfaches teurer. In der Saison 2000/2001 gab es schon ansehliche Bäume um DM 29,50 (14,80 Eur) und mit 39,50 (19,80 Eur) hatte man ein nicht nur schönes, sondern auch etwa 2 m grosses Prachtstück erworben. Vor einigen Jahren musste man für die Höhe ab 3 m schon mit 120,- (60.- Eur) bis 150,- DM (75.- Eur) rechnen. Jetzt war man mit 49,50 (24,80 Eur) dabei. Dieser Preis ist nur mit dem Umschlag einer entsprechenden Menge zu erzielen. Diese wiederum mit der entsprechenden „Kontrolle“ der Unkosten. Da kommen unsere Fremdarbeiter wieder ins Spiel. Nein, gelernt muss man nichts haben, ein Führerschein bei dem Einen oder Anderen wäre von Vorteil, aber Ausdauer, Kraft und Energie. So stehen sie jeden Tag um 8 Uhr morgens auf der Platte und beginnen ihren Arbeitstag. Im Schnitt sind es während der Anlieferzeit etwa 5 Sattelzüge, die von der Truppe täglich entladen werden müssen. Wobei oftmals parallel am Platz auf die 7,5 t, die allesamt angemietet werden, Ware für die Auslieferung geladen wird. Ein Arbeitstag, der täglich bis in die späten Nachtstunden geht und an Spitzentagen erst die Arbeit gegen Mitternacht oder knapp danach beenden lässt. Gummimäntel und Stiefel, Handschuhe und Hosen; Kleidung die an manchen Arbeitstagen gar nicht mehr trocknet. Mal Sonnenschein aber meist doch schlechtes Wetter unter freiem Himmel. Die Bäume bei ihrer Anlieferung oder am Platz lagernd: Immer feucht oder gar triefend nass.

Tiroler Legionäre in DeutschlandTiroler Legionäre in Deutschland

Saisonarbeit - arbeiten im WeihnachtsbaumverkaufSaisonarbeit – arbeiten im Weihnachtsbaumverkauf

So zählen sie nur noch die Tage, bis der Job vorbei ist. Das einzige was sie motiviert ist der Lohn, der sie am Ende erwartet. Für diese Knochenarbeit gibt es Unterkunft, Essen und DM 20,- (10,- Eur) pro Stunde auf die Hand.Ausbezahlt wird quasi am Stück zum Ende des Jobs. Sie bringen es dann auf etwa 10.000,- DM (5.003.- Eur) mit denen sie dann nach Hause fahren können. Am ersten Blick eine stolze Summe, wenn man jedoch solch Arbeitstage miterlebt, dann stellt man sich die Frage, ob es das wert sei. Sie packen Bäume mit Grössen von bis zu 4 m alleine und schupfen sie auf Ladeflächen und dies zu tausenden. Die Gelenke honorieren dies auf ihre Weise und die schwere körperliche Arbeit mit bis zu 17 Stunden täglich bringt eine Art der Dauermüdigkeit mit sich, zwischendurch Lieferfahrten von München bis Bad Reichenhall, Expressbestellungen weil es einer Supermarktkette 3 Wochen vor Weihnachten einfällt noch schnell 5000 Bäume zu kaufen.

Der Umschlagplatz - Auslandseinsatz der Österreicher in DeutschlandDer Umschlagplatz – Auslandseinsatz der Österreicher in Deutschland. Der Container wird zur 2. Heimat

zuletzt das günstige Angebot im Supermarkt - diese Bäume gingen durch die Hände der Tirolerzuletzt das günstige Angebot im Supermarkt – diese Bäume gingen durch die Hände der Tiroler

Sie halten durch, jeder auf seine Art. Der eine hat meistens eine Flasche Bier in der Jackentasche und zieht so seine Fahne hinterher, ein anderer hat immer seine Schmerztabletten, die er reglmässig einnimmt ja und da war noch derjenige, der zwischendurch Einen durchzieht. Sie machen manchmal einen ferngesteuerten Eindruck und sind im Grunde nette Kerle. Wie lange es denn dauert bis sich der Körper wieder regeneriert, wollten wir wissen. Schulterzucken – denn daran möchte man jetzt gar nicht denken. Schön, dass es solche Menschen gibt wie unsere Legionäre, die Tiroler – sie ermöglichen uns, einen preiswerten Baum zu erwerben um einen Preis, den sie mit ihrer Gesundheit aufzahlen – danke!

020811

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